Über das Mietshäuser Syndikat

Das Mietshäuser Syndikat, ursprünglich aus der Hausbesetzer*innenszene stammend, hat seinen Ursprung im Freiburg der frühen 1980er Jahre. Zu dieser Zeit gründete sich der erste nicht eingetragene Verein (Grether-Baukooperative für Instandsetzung in Selbsthilfe), dessen Mitglieder es sich zum Ziel gemacht hatten die Gebäude auf dem ehemalig industriell genutzten Gretha Gelände dauerhaft dem Immobilienmarkt zu entziehen.

In den folgenden Jahren wurde am eigenen Projekt gearbeitet, geworben und über mögliche Modelle diskutiert, wie andere Projekte und Gruppen finanziell und praktisch unterstützt werden könnten.

Nach diesem Lernprozess wurde schließlich 1992 der Verein Mietshäuser in Selbstorganisation gegründet, der im darauffolgenden Jahr in Mietshäuser Syndikat umbenannt wurde. Dies schlug große Wellen. Denn nicht nur Freiburger Projekte wollten sich beteiligen. Spätestens ab der Mitte der 1990er Jahre kam es zu einem kontinuierlichen Wachstum des Mietshäuser Syndikats, welches bis heute anhält.

Mittlerweile ist das Mietshäuser Syndikat bundesweit auf über 140 Hausprojekte – 5 davon in Bayern – und 20 Initiativen angewachsen – und es werden jedes Jahr mehr.

Wie funktioniert das?

Willst du mit deinen Freund*innen ein Haus oder Grundstück gemeinschaftlich nutzen und dort langfristig günstiges und selbstbestimmtes Wohnen fördern – ohne lebenslanges Wohnrecht und private Eigentumsbeteiligung am Haus – wendest du dich mit deiner Gruppe an das Mietshäuser Syndikat in Freiburg. Deiner Gruppe wird dann mindestens ein*e Berater*in, der*die möglichst nah bei euch wohnen sollte, zur Seite gestellt, von dem*der ihr dann mit praktischem Wissen unterstützt werdet. Während der ersten Beratunsgespräche zwischen deiner Gruppe und eurer*m Berater*in besteht zunächst die Möglichkeit grundsätzliche Fragen – Ist das Mietshäuser Syndikat überhaupt der richtige Weg für euch und eure Pläne? Wie funktioniert das alles überhaupt? etc. – beiderseits zu klären.

Habt ihr bereits ein Haus oder Grundstück ausgesucht, kann ein Finanzierungsplan mit eurer*m Berater*in erstellt werden. Dieser Finanzierungsplan berücksichtigt den Hauskauf und die im Normalfall anstehende Renovierung/ Sanierung. In ihm sind alle zu erreichenden Summen aufgeführt. Selbstverständlich tauchen bereits gesammelte Kredite von Privatpersonen und Banken, sowie ein zu erreichendes Ziel an Kreditsummen, auf. Anhand dieses Plans könnt ihr dann weit in die Zukunft schauen und hoffen, dass keine bösen finanziellen Überraschungen auf euch und kommende Bewohner*innengenerationen zukommen. Darüberhinaus sollte eine zu hohe errechnete Monatsmiete zum umdenken anregen (neues/günstigeres Haus suchen, anbauen, um mehr Wohnraum zu schaffen oder sogar einen kompletten Neubau planen).

Dieser Plan macht nun die Runde. Er wird allen Berater*innen zugeschickt, welche dann nach Fehlern, Unstimmigkeiten und dergleichen suchen. Dieser Prozess ist sehr wichtig, da sich euer Hausprojekt und das Mietshäuser Syndikat auf die Richtigkeit der Kalkulation verlassen müssen.

Vor, während oder nach Absegnung des Finanzierungsplans gründet deine Projektgruppe einen Verein (Haus Verein), in dem alle späteren Bewohner*innen eures Hauses Mitglied sind. Euer Verein wird schließlich durch eine einmalige Zahlung von 250 € Mitglied im Verein des Mietshäuser Syndikats. Diese Mitgliedschaft berechtigt dann eure Gruppe sich mit einer Stimme an Entscheidungen während einer Mitgliederversammlung zu beteiligen.
Der Mietshäuser Syndikat eV, und damit alle seine Mitglieder, ist alleiniger Gesellschafter der Mietshäuser Syndikat GmbH, welche wiederum mit einem Anteil von 49% als zweite Gesellschafterin der einzelnen Projekt GmbHs auftritt.
Euer Haus Verein reist nun zu einer Mitgliederversammlung der Vereine im
Mietshäuser Syndikat. Diese Versammlungen finden überregional 2-3 Mal im Jahr statt. Regionale Mitgliederversammlungen sind ebenfalls üblich, kommen in der Regel allerdings häufiger vor, können keine Beteiligungsbeschlüsse (siehe unten) erteilen und dienen mehr der regionalen Vernetzung und Entlastung der bundesweit koordinierenden Personen und Strukturen.

Ihr fahrt also zu einer beschlussfähigen, überregionalen Mitgliederversammlung.
Dort stellt ihr euch, eure Projektideen und euren Finanzierungsplan vor. Rückfragen von Anwesenden werden direkt von eurer Projektgruppe, oder eurer*m Berater*in beantwortet. Im Anschluss an die Frage- und Antwortrunde ist es dann soweit:
Die Mitgliederversammlung stimmt darüber ab, ob euer Hausverein den Beteiligungsbeschluss an seiner GmbH bekommt. Diese Entscheidung wird nach dem Konsensprinzip getroffen. Wird eurem Antrag zugestimmt, beteiligt sich die Mietshäuser Syndikat GmbH zu 49% (12.400 €) am Stammkapital (25.000 €) eurer noch zu gründenden Haus GmbH.

Danach kann viel Zeit vergehen, bis ihr dann endlich den Kaufvertrag für euer Haus unterschreibt. Denn zunächst müsst ihr natürlich eine Haus GmbH gründen, deren Geschäftsführer später den Kaufvertrag unterschreiben und weitere Direkt- und Bankkredite einholen.

Sobald ihr euer Haus gekauft habt, zahlt ihr einen jährlichen Solidarbeitrag an das Mietshäuser Syndikat. Am Anfang setzt sich dieser aus 10cent/m²/Monat zusammen. Wenn ihr die Kredite für euer Haus soweit abbezahlt habt, dass durch die Mieten, die ihr an die Haus GmbH als Eigentümerin zahlt, ein Profit erwirtschaftet wird, steigt der Solidarbeitrag – allerdings nicht ohne Deckelung ins Unermessliche. Schließlich sollte eure GmbH nach wie vor Rücklagen für Reparaturen bilden. Von diesem Geld werden dann unter Anderem Bürokosten der (über)regionalen Koordinationen, sonstige laufende Kosten und Publikationen wie die Broschüre Rücke vor bis zur Schlossallee finanziert.

Komplizierter als es aussieht?

Auf den ersten Blick wirkt das ganze Wirr-Warr von Vereinen, GmbHs, Mitgliederversammlungen, Solidarfonds etc. sehr unübersichtlich und verunsichernd. Tatsache ist jedoch, dass das Modell des Mietshäuser Syndikats einen mehr als annehmbaren Kompromiss zwischen Besetzung und Mietwohnung darstellt.
Auf Projektautonomie und individuelle Selbstverwaltung wird viel Rücksicht genommen. Vetorecht hat die GmbH des Mietshäuser Syndikats nur, wenn eine Gruppe ihr Haus wieder reprivatisieren möchte oder der Finanzierungsplan bzw. der Gesellschafter*innenvertrag aufgrund neuer Pläne – z.B. Anbau, Aufstockung des Hauses, Neubau in den Garten stellen, Nachbargrundstück dazukaufen etc. – abgeändert werden muss.

Dadurch, dass einer Projekt Initiative kompetente Berater_Innen zur Seite gestellt werden und somit einfach immer jemand da ist, der*die Antworten auf Fragen weiß, oder diese „beschaffen“ kann, entsteht ein freundschaftliches Netzwerk aus Leuten, die sich in zwei Punkten immer einig sind:
Die Häuser denen, die drin wohnen! Bezahlbarer Wohnraum für alle!

(Die folgende Grafik wurde von uns stümper*innenhaft mit den Namen des Danz Hausvereins und unserer GmbH ergänzt. Normalerweise steht an dieser Stelle die Ölmühle aus Freiburg.)

Grafik II
Alle Grafiken sind der Broschüre Rücke vor bis zur Schlossallee entnommen.
Erhältlich bei uns im Downloadbereich, für Besucher*innen auch, und selbstverständlich gratis, als Papierausgabe, oder auf der Homepage des Mietshäuser Syndikats.